Es gibt eine enge, geheimnisvolle Beziehung zwischen Namen und Persönlickeit, insbesondere wenn es sich um ein Pseudonym handelt. Die drei Namen, die unser Künstler wählte, wollen also seine eigentliche Natur andeuten und durch ihre Kombination sein verborgenes Wesen ans Licht bringen. Man braucht Max nur klein zu schreiben, und es ergibt sich die Abkürzung von maximum, d.h. desjenigen Adjektivs, mit dem einige Künstler - nicht nur vergangener Zeiten - ihre Kunst bezeichnen. Man denke an De Chirico, der seine Selbstporträts mit pictor maximus signierte. Der Hinweis auf De Chirico ist kein Zufall. Max Hamlet möchte in seinen Werken die geheimnisvolle Stimmung der metaphysichen Periode dieses wichtigen italienischen Vorläufers des Surrealismus wieder auferstehen lassen. Im Gemälde Die Flucht (Hommage an G. De Chirico) von 1990 finden wir eben den De Chirico aus jener Zeit wieder, in der er seine Selbstbildnisse mit pictor maximus signierte (1959), anachronistisch gekoppelt mit einer Neuauflage des berühmten Gemäldes von 1913, Die Genüsse des Dichters, das jedoch hier mit Details aus anderen metaphysischen Werken und mit Elementen bereichert wird, die für Hamlet typisch sind: Gestalten mit Blumen- oder Tierköpfen, tiergestaltige Flugzeuge, Autos aus den sechziger Jahren usw. Im Gemälde Der heroische Supermax stellt er sich mit unverborgener Ironie als Superman

Vittorio Sgarbi (2000)

vor dem Hintergrund einer nicht mehr metaphysichen, sondern modernen Landschaft dar, wie wenn er damit andeuten wolle, dass ein Künstler heute übermenschliche Eigenschaften besitzen muss, um überhaupt auf Erfolg hoffen zu dürfen.
Das Eigenlob von Max verkehrt sich in sein Gegenteil, wenn man es als Superlativ vor Hamlet stellt. In der Tat wird die Unentschlossenheit des dänischen Prinzen dadurch "maximal" gesteigert. Ist es nicht so, dass der wahre Künstler in einem Zustand ständiger Unsicherheit lebt, wie er seine Gefühle, Ideen und Wünsche am besten ausdrücken kann? Wenn Hamlet sich im Helden Shakespeares wiedererkennt, so teilt er auch dessen rebellisches Aufbegehren gegen eine ungerechte Ordnung. Unser "sauvage" (der Wilde) lehnt es ab, sich den ethischen oder ästhetischen Konventionen zu beugen und kann die Bequemlichkeit des gesellschaftlichen Konformismus nicht ertragen. Im übrigen gilt auch dass, wer Künstler sagt, auch Anarchist sagt, insofern als der Künstler jeden auferlegten Zwang ebenso verwirft wie der Anarchist (das Wort leitet sich ja von an archos ab).
Die Etymologie des Wortes "Künstler" bestätigt diese Verwandtschaft. Im alten Griechenland hiess der Künstler demiurgos, wahrend er in Indien ein karaka war, d.h. ein Kunstler im eigentlichen Sinn.
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Arturo Schwarz (2001)

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